Gründung Lissabons in sagenumwobener Zeit
Nach einer alten Legende wurde Lissabon von Odysseus gegründet, dem sagenumwobenen Held aus der Illias. Nachweislich ist die hügelige Landschaft nördlich der Einmündung des Flusses Tejo in den Atlantik seit mehreren Tausend Jahren besiedelt. Wahrscheinlich gründeten die Phönizier, ein seefahrendes Handelsvolk aus dem Mittelmeer, hier um 1000 v.Chr. einen Handelsstützpunkt. Später ging die Ansiedlung dann in die Hände der Karthager und Römer über. Cäsar persönlich leitete von hier die Militäroperationen gegen die aufständischen einheimischen Lusitanier. Viele Völker beherrschten im Laufe der folgenden Jahrhunderte die Stadt auf den 7 Hügeln am Tejo, unter anderem die Sueben, die Westgoten und die Mauren. Im Zuge der Reconquista wurde Lissabon dann 1147 vom ersten portugiesischen König Alfons I. erobert und ist seit 1256 Hauptstadt von Portugal.
Gründung von Portugal 1139
Jahrhundertelang währten die wechselvollen Kämpfe des christlichen Nordens gegen den muslimischen Süden. Viele Burgen und Ruinen legen noch heute davon Zeugnis ab. Eine entscheidende Wendung gelang einem Adelsgeschlecht aus Burgund aus dem heutigen Frankreich. Nach einer vernichtenden Niederlage der Mauren in der Schlacht von Ourique gelang es dieser Burgunder-Dynastie, die Grafschaft Portucalia aus der Lehnshoheit des Königs von León und Kastilien zu befreien. Als König Alfons I. bestieg dieser Nachfahre der Capetinger 1139 den Thron und begründete damit das neue Königreich Portugal.
Kloster Batalha – Steinernes Zeugnis des Unabhängigkeitskampfes von 1385
Fast 250 Jahre beherrschte die Burgunder-Dynastie Portugal, bis König Ferdinand I. 1383 ohne direkten männlichen Erben starb. Das benachbarte Königreich Kastilien (heute Teil Spaniens) erhob daraufhin Erbansprüche und wollte sich Portugal einverleiben. Dagegen wehrten sich die freiheitsliebenden Portugiesen. Unter Johann I., einem illegitimen Sohn es letzten Burgunder-Königs mit einer Mätresse, wurde in der Schlacht von Aljubarrota 1385 ein überlegenes Invasionsheer Kastiliens besiegt und die Unabhängigkeit Portugals verteidigt. Johann I. wurde zum Stammvater der Königs-Dynastie von Avis, welche Portugal im goldenen Zeitalter bis 1580 regierte.
Zur Erinnerung an den entscheidenden Sieg gegen Kastilien 1385 gründete Johann I. das Kloster Batalha (port. Sieg), welches bis heute die Grabstätten etlicher portugiesischer Könige beherbergt und seit 1983 zum Weltkulturerbe zählt.
Bau der ersten Entdecker-Karavelle in Lagos 1441
Beauftragt wurde die erste für Entdeckungsfahrten spezialisierte Karavelle von dem Prinzen Heinrich dem Seefahrer, einem Sohn von Johann I., Administrator des Christusordens und bedeutendem Förderer der Seefahrt. Mit ihm beginnt das goldene Zeitalter der Entdeckungsreisen. Bis zum Tod Heinrich des Seefahrers 1460 wurden unter anderem Ceuta in Nordafrika erobert, die Atlantik-Insel-Gruppen von Madeira, der Azoren und der Kanaren in Besitz genommen und die Westafrikanische Küste bis zum heutigen Sierra Leone entdeckt und kartiert.
Die portugiesische Karavelle und die aus ihr hervorgegangene größere Nao waren die hochentwickeltsten Schifftypen der damaligen Zeit und bildeten die Grundlage für die spätere Ausdehnung des portugiesischen Kolonialreiches bis nach Indien, China und Japan.
Pedro Álvares Cabral entdeckt Brasilien 1500
Auf seiner Reise nach Indien mit einer Flotte von 13 Schiffen entdeckte Cabral eher nebenbei im Jahr 1500 ein Land im Westen, welches später nach dem von dort exportierten Holz des Brasilbaumes Brasilien genannt wurde. Nach dem Vertrag von Tordesillas von 1494, in welchem alles neuentdeckte Land vom Papst zwischen Spanien und Portugal aufgeteilt worden war, gehörte das Land zur portugiesischen Hemisphäre. Brasilien entwickelte sich durch die Exporte von Rohstoffen wie Zuckerrohr, Kaffee, Gold und Diamanten bis zu seiner Abspaltung 1822 zu einer der reichsten und wichtigsten Kolonien Portugals. Heute sprechen etwa 200 Millionen Brasilianer die portugiesische Sprache und machen Portugiesisch damit zu einer der meistgenutzten Sprachen in der Welt.
Ein Höhepunkt der Manuelinik – Portal der Christuskirche von Tomar 1515
Die von den Entdeckungsfahrten mit Gewürzen und Schätzen reich beladenen Karavellen bescheerten dem portugiesischen Königshaus unermessliche Reichtümer, welche zu einer pompösen Bautätigkeit Anlass gaben. Nach dem von 1495-1521 regierenden König Manuel I. „Dem Glücklichen“ ist ein eigener Baustil benannt – die Manuelinik. Dieser für Portugal einzigartige Baustil des beginnenden 16. Jahrhundert vereint auf prachtvolle phantasiereiche Weise unterschiedliche Einflüsse der Spätgotik, der Seefahrt und fernöstlicher Kulturen wie aus Indien. Kennzeichen sind unter anderem ineinander verflochtenes Schiffstauwerk, Naturmotive und Armillarsphären (nautische Navigationsinstrumente). In heutigen Tagen können noch eindrucksvolle Zeugnisse des manuelinischen Baustils unter anderem im Christuskloster in Tomar, im Kloster von Batalha und im Hieronymitenkloster und Turm von Belem, einem Stadtteil von Lissabon, betrachtet werden.
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Die Lusiaden – Das portugiesische Nationalepos von Luís de Camões 1572
Nach einem wechselvollen Leben, in welchem er unter anderem in einer Schlacht gegen die Mauren sein rechtes Auge verlor, in Goa ins Gefängnis geworfen wurde und auf einer Schiffsreise nach Macao Schiffbruch erlitt, schrieb der Nationaldichter Luís de Camões das Nationalepos der Portugiesen – die Lusiaden. Angelehnt an die Odyssee von Homer wird in den Lusiaden in Versform die Geschichte Portugals von den Anfängen bis zu den Entdeckungsreisen des 16. Jahrhunderts beschrieben, heroisiert, mystifiziert und in die Weltgeschichte und das Universum eingeordnet. Das Wort Lusiaden bezeichnet dabei die Bewohner von Lusitanien, einer ehemaligen römischen Provinz im Westen der iberischen Halbinsel und historischen Bezeichnung für Portugal.
Erste Strophe der Lusiaden (übersetzt von Hans-Joachim Schaeffer):
Die kriegerischen, kühnen Heldenscharen,
Vom Weststrand Lusitaniens ausgesandt,
Die auf den Meeren, nie zuvor befahren,
Sogar passierten Taprobanas Strand,
Die mehr erprobt in Kriegen und Gefahren,
Als man der Menschenkraft hat zuerkannt,
Und unter fernem Volk errichtet haben
Ein neues Reich, dem so viel Glanz sie gaben;
Das Haus Bragança und der Unabhängigkeitskampf von 1640
Im Zentrum Lissabons ist zwischen dem Rossio und der Avenida de Liverdade der Praça dos Restauradores (Platz der Restauratoren) zu finden. Der Platz und der Obelisk erinnern an die Befreiung von der 60-jährigen spanischen Herrschaft (1580-1640). Nachdem bei einem nordafrikanischen Abenteuer ein Großteil des portugiesischen Adels und der König ums Leben gekommen waren, fiel Portugal kurz darauf 1580 über die Erbfolge an das habsburgische Spanien. Johann IV. aus dem alten portugiesischen Adelsgeschlecht von Bragança führte 1640 den Aufstand gegen die Spanier an. Das Haus Bragança führt seinen Ursprung auf einen nichtehelichen Sohn von König Johann I., Begründer des Hauses Avis zurück. Alfons von Bragança heiratete im Jahre 1401 die Erbtochter von Nuno Álvares Pereiras, dem siegreichen General der Schlacht von Aljubarrota 1385, und begründete ein mächtiges portugiesisches Adelsgeschlecht. Die Bragança-Dynastie stellte von 1640 bis 1853 die portugiesischen Könige und von 1822 bis 1889 die Kaiser von Brasilien. Nachkommen der Adelsfamilie leben noch bis heute in Portugal.
Errichtung des Klosterpalastes von Mafra 1717
Anfang des 18. Jahrhunderts erlebte Portugal noch einmal ein kurzes goldenes Zeitalter. Die Einkünfte aus den Kolonien, insbesondere aus dem brasilianischen Goldhandel, spülten reichliche Einnahmen in die Staatskasse. Unter dem barocken Herrscher Johann V. begann erneut eine emsige Bautätigkeit. Pompöse Bauwerke wie der Klosterpalast von Mafra, die Universitätsbibliothek von Coimbra und der Aquädukt von Águas Livres in Lissabon entstanden. Architekt des in 13 Jahren von 1717 bis 1730 errichteten Klosterpalastes von Mafra war der aus Deutschland stammende Johann Friedrich Ludwig. Über 45.000 Arbeiter waren auf der Großbaustelle in Mafra eingesetzt. In seinem Roman „Das Memorial“ schildert der bekannte Schriftsteller José Saramago den Bau des Klosterpalastes aus der Sicht der einfachen Bevölkerung.
Errichtung des Nationalpalastes von Pena 1840
Der Palácio Nacional da Pena, erbaut auf einem Hügel bei Sintra, der alten Sommerresidenz der portugiesischen Könige, wird auch als „Neuschwanstein von Portugal“ bezeichnet. In diesem Märchenschloss sind viele unterschiedliche Baustile phantasievoll miteinander kombiniert. Es prägt die hügelige Landschaft auf einzigartige Weise und macht Sintra bis heute zu einem Anziehungspunkt für Romantiker.
Errichtet wurde das Schloss 1840-1848 von dem deutschen Oberberghauptmann und Minenbetreiber Wilhelm Ludwig von Eschwege im Auftrage des portugiesischen Königs. Der „Künstlerkönig“ Ferdinand II., ein Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha, heiratete 1838 die verwitwete Königin Maria II. von Portugal und begründete die Dynastie Coburg-Braganza, welche Portugal bis 1910 beherrschte.
zum Video: Schätze der Welt / Erbe der Menschheit – Sintra
A Portuguesa – Die Nationalhymne Portugals 1910
Komponist der Nationalhymne ist Alfredo Keil, ein bekannter portugiesischer Komponist und Maler, dessen Eltern aus Deutschland zugewandert waren. Nach Ausrufung der Ersten Portugiesischen Republik in Porto 1910 wird die Portuguesa die offizielle Nationalhymne und ist dies bis heute. Vorausgegangen war ein rapider Ansehensverlust der Monarchie infolge unter anderem eines Staatsbankrottes, einer Kolonialkrise und der Einführung der Zensur. König Karl I. wurde 1908 das Opfer eines Attentats auf dem Praça do Comércio in Lissabon und sein Nachfolger Manuel II. floh 1910 ins Exil nach England. Mit Manuel II. endete die portugiesische Monarchie nach 771 Jahren.
Erste Strophe der Portuguesa in Deutsch:
Helden des Meeres, edles Volk,
Tapfere, unsterbliche Nation,
Richtet heute wieder auf
die Pracht Portugals!
Aus den Nebeln der Erinnerung,
O Vaterland, ertönt die Stimme
Deiner ehrwürdigen Vorväter,
Die Dich zum Siege führen wird!
Eusébio wird Torschützenkönig bei der Fußball-WM 1966
Der aus der damaligen Kolonie Portugiesisch-Ostafrika, dem heutigen Land Mosambik, stammende Fußball-Profi Eusébio war eines der größten Sportler-Idole Portugals. Er spielte 15 Jahre beim Fußball-Verein Benfica Lissabon und schoss dort in dieser Zeit 474 Tore. Einige seiner größten Erfolge feierte er bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1966 in England. Mit 9 Treffern wurde er Torschützenkönig. Legendär ist das Spiel im Halbfinale gegen Nordkorea, als die portugiesische Nationalmannschaft einen 0:3 Rückstand in einen triumphalen 5:3 Sieg verwandeln konnte. 4 Tore davon erzielte Eusébio und Portugal erreichte den 3. Platz bei der Weltmeisterschaft.
Aufbruch zur Demokratie – Die Nelkenrevolution von 1974
Die Kriege gegen die Unabhängigkeitsbewegungen in den verbliebenen portugiesischen Kolonien seit 1961 forderten einen hohen Blutzoll unter den Truppen und verschlangen einen Großteil des Staatshaushaltes. Ein Militärputsch von unzufriedenen Teilen der Armee gegen den diktatorisch geführten Staatsapparat 1974 fand breite Unterstützung in der Bevölkerung und wuchs sich zu einer Volksrevolution aus. Kennzeichen waren rote Nelken, welche den aufständischen Truppenteilen von den Menschen in die Gewehrläufe gesteckt wurden und dazu beitrugen, dass die Revolution beinahe unblutig verlief. Das Arbeiterlied „Grândola, Vila Morena“ welches trotz Verbot im Radio gespielt wurde, gab das Startzeichen zum Aufstand und wurde zur Hymne der Nelkenrevolution. Das seit einem halben Jahrhundert von Salazar geprägte diktatorische Regime des Estado Novo mit seiner Geheimpolizei, Folterpraxis und Pressezensur wurde hinweggefegt und ein Aufbruch in die Demokratie gewagt.
Verleihung des Literatur-Nobelpreises an José Saramago 1998
Der Nobelpreis für Literatur krönte den außergewöhnlichen Werdegang des Schriftstellers aus einfachen Verhältnissen. Der Sohn einer Landarbeiterfamilie konnte anfangs aus finanziellen Gründen nur eine technische Fachschule besuchen und arbeitete als Mechaniker in einer KFZ-Werkstatt und in der Produktion eines Verlages. Nebenbei war er als Übersetzer, Literaturkritiker und später als bekannter Journalist tätig. Wegen seiner kommunistischen Anschauungen verlor er 1975 eine Anstellung als stellv. Leiter einer Tageszeitung und wagte als 53-jähriger eine Existenz als freier Schriftsteller.
Der Erfolg seiner Bücher „Hoffnung im Alentejo“ und „Das Memorial“ machte ihn finanziell unabhängig. Weitere bekannte Romane sind „Die Stadt der Blinden“ oder „Geschichte der Belagerung von Lissabon“. Wegen religionskritischer Äußerungen in seinem Roman „Das Evangelium nach Jesus-Christus“ geriet er in Konflikt zum Papst und zur konservativen portugiesischen Regierung und ging 1991 ins Exil auf die Kanaren-Insel Lanzarote, wo er bis zu seinem Tode 2010 lebte. Sehr lesenswert sind auch seine Reisebeschreibungen von 1981 „Die portugiesische Reise“, einer sehr kenntnisreichen und liebevollen Schilderung seiner Heimat Portugal.